Während ich das schreibe befinde ich mich gerade in meinem üblichen postklausuralen Loch.
Das ist anders als das Januarloch nicht ein finanzielles, sondern durchaus ein mentales Loch. Die ganze Erschöpfung wenn man alle Klausuren geschrieben hat, in meinem Falle kamen noch zwei Referate und einen Test hinzu, und du weißt egal was du jetzt verbockt hast, jetzt kannst du es sowieso nicht mehr ändern.

Und dann setzt die Demotivation, die ewige Fragen nach dem Warum ein und ich sitze da und verkrieche mich zuhause und will eigentlich niemand sehen und sprechen.

Nicht dass die Demotivation nicht sowieso ein Dauerzustand ist, wenn es um das Abitur geht. Ich hoffe ja, da es sich tatsächlich nur noch um wenige Wochen bis zu den Prüfungen handelt, dass der Wille zu Lernen wieder einsetzt, aber ich weiß ebenso dass dies ziemlich illusorisch ist. Aber lasst mich das ganze Zeugs mal von Vorne aufrollen.

Falls jemand nicht meinen alten Podcast über das ganze Thema Schule gehört haben sollte – wenn jemand möchte ihr findet ihn hier – könnte sich wundern, dass ich immer noch zur Schule gehe.

Nur ist es nicht „immer noch“ sondern „wieder.“ Ich versuche es mal kurz zu fassen: ich habe eine Ausbildung zur Bibliotheksangestellte in der Schweiz gemacht, bin drei Tage nachdem ich meine Ausbildungsprüfung bestanden hatte mit Sack und Pack alleine nach Essen gezogen und habe dort in einer Musikbibliothek angefangen zu arbeiten. Da war ich allerdings wegen verschiedenen Faktoren nicht glücklich und habe angefangen mich umzusehen nach einer anderen Stelle. Das ist allerdings im Bibliothekssektor nicht so einfach zudem wollte ich halt sicher sein, dass ich nicht von der Regen in die Traufe wechsle. Nach zweieinhalb Jahr konnte ich wechseln auf eine Stelle in Mittelfranken in eine Stadtbücherei, wo ich ziemlich eine große Verantwortung inne hatte, weil ich alleine die Kinder- und Jugendabteilung leiten durfte. Auch wenn mir der Job dort eigentlich Spaß gemacht hat – es gibt durchaus Schlimmeres als in seiner Arbeitszeit Bilderbücher zu lesen – ich wurde ich da überraschenderweise in der Probezeit gefeuert. Ich habe den genauen Grund nie erfahren, allerdings wäre es auch gelogen zu sagen, dass ich nicht irgendwo froh war, weil mir auch schon zu der Zeit allzu schmerzhaft bewusst war, dass ich in dem Beruf nicht glücklich werden würde. Er erfüllte mich nicht und lässt die wichtigste Seite an mir fast vollends aus: meine sprudelnde Kreativität und Affinität zum Organisieren. Ich liebe es zu planen, Lösungen für Probleme zu finden, Dinge zu realisieren. Eher im Größeren als im Kleineren, ich bin Niemand der stundenlang an Kleinigkeit arbeiten kann. Das spiegelt sich nicht zuletzt darin nieder, dass ich nicht mal einen Knopf annähen kann. Aber zurück zum Thema.
Mir war damals schon klar, dass ich wohl das Abitur machen würde um zu studieren und auch damals war es für mich klar, dass ich all die Kreativität und Organisation mit meinem liebsten Hobby verbinden will: dem bewegten Bild und der Fiktion. Hierbei das Geständnis, ich schreibe Geschichte seit ich zwölf Jahre alt bin.

Allerdings konnte ich mich nicht einfach hinstellen und sagen „Ich bin jetzt Filmproduzentin!“ schon mal weil mein Aufenthaltsstatus das nicht erlaubt hat. Ich musste die ersten fünf Jahren ein selbständiges Einkommen haben von dem ich mich ernähren musste ohne irgendeine Vergünstigung zu haben. Und ich meine wirklich keine, weder Bafög noch Wohnungsgeld noch sonst was. Da bot es sich an nebenbei das Abitur zu machen, was ich sowieso irgendwann hätte machen wollen – einfach weil es sich so anbot, von wegen später studieren und so. Es hat sich schnell mal heraus kristallisiert, dass es in Bayern so nicht funktionieren würde wegen der Ermangelung von Abendgymnasien und so bin ich wieder in NRW gelandet. Eigentlich war es ein Wunder, dass mich meine jetzige Schule überhaupt aufgenommen hat, weil nach offizieller Rechtsprechung hätte ich eigentlich noch die Mittlere Reife erstmals nachholen müssen – die ich allerdings schon hatte, aber der liebe deutsche Staat nicht anerkennt hat. Ja, kein Witz. In der Schweiz gibt es nur neun verpflichtende Schuljahre, alles danach ist Gymnasium oder eine andere freiwillige weiterführende Schule. Für den deutschen Staat ist aber neun Jahr gleich Hauptschulabschluss, was inhaltlich unterrichtet wurde ist irrelevant. Gerettet hat mich dann meine Ausbildung und ich durfte respektive darf das Ganze in drei statt vier Jahren machen. Zuerst war ich noch im regulären Vormittagskurs um nach einem Semester in den Abi Online Bereich zu wechseln, weil es arbeitstechnisch nicht anders ging bspw mich wollte niemand einstellen, solange ich nicht im Abi Online Bereich war und so bin ich zwangsweise freiwillig dorthin. Abi Online ist wie das Abendgymnasium, aber statt an vier Abenden nur an zwei und der Rest muss man zuhause selbst aufholen mit Hilfe Hausaufgaben und einer Onlineplattform.

So. Jetzt habe ich ein wenig weiter ausholen müssen, als ich dachte aber gut. Ich schwöre ich werde nach diesem Blogeintrag euch damit nie mehr belästigen, jetzt steht die ganze Geschichte ja Schwarz auf Weiß in meinem Blog.

Jetzt bin ich jedenfalls in den letzten Wochen meines dritten und letzten Schuljahr. Mitte März hört die reguläre Schule auf, im April schreiben wir unsere schriftliche Prüfungen und im Mai ist die mündliche Prüfung geplant. Und was halte ich nun von dem deutschen Abitur und dem deutschen Schulwesen des zweiten Bildungsweg?

Soll ich das jetzt ernsthaft ehrlich sein?

Es kotzt an. Es ist furchtbar. Das ganze Konzept „Abi Online“ funktioniert bei uns nicht im Geringsten und so was überhaupt Online zu nennen ist der größte Witz an sich. Ich weiß es gibt das Abi Online an unserer Schule schon seit ein paar Jahren, aber ich habe immer noch das Gefühl ein Versuchskaninchen der ersten Generation zu sein. Das spiegelt sich im Unterricht, in manchen Lehrer und auch der Plattform wieder. Ich finde das summiert es ganz gut zusammen, wenn ich hier nicht eine ellenlange Beschwerdeliste machen will. Und das will ich sicherlich nicht. Natürlich kann man sagen, dass ich nicht die motivierteste Schülerin bin und diese ganze Abi Online Sache eigentlich auch nicht so mein Ding ist, aber der Schuh lasse ich mir nicht alleine anziehen. Wie auch immer, ich schleppe mich wie wohl jeder anderer Schüler vor dem Abitur jetzt noch durch die die letzten Wochen und vermutlich auch durch die Prüfungen. Ich blicke zwar gerade auf meine Abi Lernboxen während ich diesen Blogeintrag schreibe und sie blicken mich bedrohlich zurück. Der Wille sie aufzumachen und den Stoff zu wiederholen finde ich allerdings nicht. Ich mache dieses Abitur jetzt fertig, damit ich es fertig gemacht habe und sagen kann, ich habe es und gut ist. Für mich ist klar, dass ich nicht in einem klassischen NC Fach studieren will, sondern im besten Falle Film- und Fernsehproduktion an der Filmuni studieren will. Wenn ich das nicht schaffe, dann erreiche ich mein Ziel auch anders auch ohne Uni oder FH. Das ist gerade ein Feld, da führen tatsächlich 1000 Wege nach Rom. Ich habe andere in meiner Klasse die wollen Maschinenbau, Ingenieurwissenschaften oder Erziehungswissenschaften studieren, die haben viel den höheren Druck einen guten NC zu erreichen. Ich hingegen…mach das jetzt und gut ist. Würde ich es wieder tun? Ich weiß es nicht und das zeigt schon sehr, wie furchtbar es für mich ist und war. Oder anders gesagt, ich habe in diesen letzten drei Jahren nie mehr fester gelernt, dass ich nicht einen „normalen“ Job haben will, sondern einfach meinen Traum folgen will und Schicht im Schacht. Gibt es nicht mehr zu verhandeln, ich bin jetzt 26 Jahre alt, ich habe schon eine Ausbildung in einem normalen Job, vier verschiedene normale Bürojobs, das Kapitel normaler Job, regelmäßiges Einkommen, sichere Zukunftsperspektive ist für mich abgefrühstückt. Ebenso der regulären Abschlüssen wie etwa das Abitur. Aber das Gute ist ja, sollte ich irgendwann richtig auf meine Fresse falle, ich habe es ja dann und kann es auch noch mit 40 benutzen um zu studieren.

Natürlich bin ich ein wenig aufgeregt – positiv wie negativ – wenn ich darüber nachdenke was nach dem Abitur kommt. In meinem Falle erst mal ein halbes Jahr Praktikum, dass ich brauche um mich an der Filmuni zu bewerben. Das ich aber auch selbst brauche, weil ich war wohl noch nie so schulmüde wie gerade jetzt. Ich wusste die letzten drei Jahre wo mein Weg ist und jetzt trete ich aus dieser Blase wieder heraus und muss wieder vermehrt kurzfristig denken, aber das geht wohl jedem so. Ich halte mich da streng an das Motto „Einen Schritt nach dem anderen“ und das ich keine Probleme lösen muss und kann, die noch nicht mal aktuell sind.

Wenn ich allerdings etwas als sehr positiv vermerken kann über meine Schulzeit, dann ist es meine Abi Online Klasse. Wir sind alle schon ein wenig älter – ich bin glaub noch einer der Jüngeren – und wissen alle warum wir das tun oder besser gesagt sind nicht aus lauter Langweile auf dieser Schule. Wir reiten auch alle auf der ähnlichen Wellenlänge und es ist nie wichtiger Verbündete zu haben, gerade wenn die Schule nun wirklich nicht das Gelbe vom Ei ist. Da habe ich ein gutes Los gezogen und ich denke ich habe die letzten drei Jahren oft auch nur überlebt, weil ich immer Leute an meiner Seite hatte, die sowohl mit mir lachen wie auch mich unterstützen konnten.

Und bevor ich jetzt total in die Sentimentalität abdrifte, schließe ich das Thema wieder. Glaubt mir, ihr werdet noch genug mich über das Thema Schule und Abitur jammern hören, noch ist es ja nicht überstanden. Leider.